Störtebeker, Klaus
Klaus Störtebeker war als Pirat auf Nord- und Ostsee tätig.
An Klaus Störtebekers Bekanntheit dürfte es im deutschen Norden kaum Zweifel geben. Trotzdem gibt es über die Person scheinbar nichts Belegbares oder Greifbares, an der sie sich festmachen ließe. Weder ist sein Name, noch seine Herkunft bekannt, noch sein Geburts- oder Todesdatum. Und selbst die Geschichten um ihn herum, so z.B. seine Gefangennahme, liegen im Halbdunkel der Geschichte. Alles, was wirklich greifbar scheint, ist Überlieferung.
So soll er lt. Überlieferung einem niederen Adelsgeschlecht aus dem Raum Verden entstammen. Hierauf beruht auch das alljährlich ausgetragene Verdener Heringsfest. Es beruft sich auf die kostenlose Ausgabe von Heringen an die Bevölkerung in einer schlechten Zeit durch Störtebeker und der Abnahme des Versprechens der Stadt, dieses jährlich einmal zu wiederholen. Andererseits besteht aber auch Wismar auf seine Ehre als Geburtsstadt Störtebekers.
Ebenso dingfest sind seine Namen. Seinen Öckelnamen soll er sich erworben haben, weil er einen mächtigen 4 l Bierkrug in einem Zug leeren konnte. Ebenso unklar ist sein Vorname Klaus. Neuere Forschungsergebnisse sind 2007 in den Hansischen Geschichtsblättern publiziert worden. Danach hieß Klaus Störtebeker in Wirklichkeit "Johann" und war ursprünglich Danziger Kaufmann. Dieses ergibt Sinn, denn in allen historischen Quellen wird immer von einem Piraten namens "Johann" Störtebeker gesprochen, "Klaus" wird in den Quellen nicht erwähnt. Weiterhin findet sich aber auch noch in den Wismarer Analen ein Nikolaus Störtebeker.
Als einigermaßen gesichert mag angesehen werden, dass er ein nicht unbedeutender Schiffsführer unter den Vitalienbrüdern um Gödeke Michels war. Nach der Aufhebung der Legitimation durch Kaperbriefe ging man in die Selbstständigkeit als freier Pirat.
Bekannt aus der Überlieferung sind seine Geschichten. Die vielleicht bekannteste ist diejenige, in der ihn die Herren der Stadt Bergen in Norwegen verärgern. Kurzerhand lässt er sie samt den Kaufleuten in Fischtonnen stecken und plündert die Stadt.
Wie jeder gute Pirat, so hat natürlich auch er seine geheimen Verstecke. So soll er ein Quartier im Kirchturm von Marienhafe im Ostfriesischen gehabt haben. Ebenso wurde er aber auch auf Helgoland oder im Turm von Neuwerk gesehen. Tatsächlich hat er Neuwerk jedoch nie betreten.
Als eine letzte Überlieferung sei ein Seegefecht um 1400 zwischen Störtebeker und der Hamburger Flotte unter Kommandant Simon von Utrecht genannt. Hierbei wurde er gefangengenommen und auf dem Leitschiff `BUNTE KUH´ nach Hamburg verbracht, wo er noch im selben Jahr auf dem Grasbrook enthauptet wurde. Dabei soll er dem Hamburger Bürgermeister Kersten Miles das Zugeständnis abgehandelt haben, dass alle ebenfalls verurteilten Kameraden freigelassen werden, an denen er noch ohne Kopf vorbeiläuft. Nach dem 11. seiner Mannen soll ihn dann der Scharfrichter gestoppt haben, indem er ihm den Richtblock vor die Füße warf. Das soll den Bürgermeister aber nicht davon abgehalten haben, trotzdem alle 75 hinrichten zu lassen.
Wenige bekannte Fakten lassen den Ablauf anders erscheinen. Es ist unwahrscheinlich, dass Simon von Utrecht derjenige war, der Störtebeker überwältigt hat. Seine Gefangennahme wird von vielen Quellen in das Jahr 1400 verlegt, seine Enthauptung auf den 21. Oktober 1400. Weil das nicht sein kann, weil u.a. die `BUNTE KUH´ im Herbst 1400 noch gar nicht fertiggestellt war, hat man sich kurzerhand auf das Jahr 1401 umorientiert. In den Hamburger Kämmereirechnungen findet sich kein Hinweis auf die Gefangennahme Störtebekers. Es findet sich für 1401 eine einzige Rechnung über die Hinrichtungskosten für 30 Seeräuber. Der Bericht in der Hamburger Chronik von 1457, der von Störtebeker spricht, wird von den Historikern als zu spät verfasst angesehen, um als Beweis zu dienen. Nach den Kämmereirechnungen fand 1401 eine bewaffnete Expedition statt, die sich gegen Gödeke Michels richtete. Hier war v. Utrecht mit Sicherheit dabei. Gödeke Michels war seinerzeit wesentlich bekannter als Störtebeker, deshalb wird dieser auch nicht erwähnt worden sein. Nach verschiedenen Berichten ist Gödeke Michels im Jahre 1401 hingerichtet worden, ein Jahr nach Störtebeker. Das kann aber wiederum nicht sein, weil s. o.
Noch ein Grund spricht für die Geschichte als Sage: Simon von Utrecht hatte nicht das Kommando auf der "Bunte Kuh", sonder Hermann von Nyenkerken. Hier könnte man jedoch sagen: v. Utrecht war Flottenkommandant, während Nyenkerken Schiffsführer war.
In das Reich der Sage ist auf jeden Fall sein kopfloser Lauf zu verweisen.
Letztlich geblieben ist ein zu einem Volkshelden und Robin Hood der See hochstilisierter Verbrecher, mit dem sich jeder Ort im Norden gerne schmücken würde. Ralswiek hat seine jährlichen Störtebeker-Festspiele und Wismar ein Relief am vermeidlichen Geburtshaus Störtebekers. Tatsächlich aber wartet ebenso wie fast alles zur Person Störtebeker auch noch der vermeintliche Störtebekerschatz auf seine Hebung, egal, ob nun auf Gotland oder auf Usedom. Und selbst das einzige viel genutzte Bildnis des Seeräubers stellt nicht ihn dar, sondern Kuntz von der Rosen (* um 1470, † 1519), einen Vertrauten Kaiser Maximilians I..