Binz
Zwischen Binz und Cuxhaven besteht seit 1990 eine Städtepartnerschaft.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Binz verbindet im Osten der Insel Rügen die Halbinsel Jasmund mit den Seebädern Sellin, Baabe und Göhren sowie mit der Halbinsel Mönchgut.
Geschichte
Ausgrabungen zeigen, dass das Gebiet der heutigen Gemeinde Binz ca. zur Jungsteinzeit bewohnt war. Seit dem 6. Jahrhundert lebte hier der Stamm der Ranen[1], der auf Rügen ein Königreich gründete. Der König residierte in der Festung Charenza im Süden Rügens. Die Ranen betrieben Ackerbau, Fischfang und Seeraub. Sie griffen sogar dänische Inseln an. 1168 besiegten Waldemar I. von Dänemark[2] und Bischof Absalon von Roskilde[3] die Ranen und Rügen wurde dänisches Lehnsland. Der vom dänischen König eingesetzte Regent führte den Titel "Fürst". Der Bruder von Jaromars I.[4] verzichtete auf die Mitregentschaft sowie auf die Thronfolge und wurde mit viel Landbesitz entschädigt. Aus der Nebenlinie dieses Bruders entstand später das Haus Putbus. Binz wurde 1318 erstmals urkundlich erwähnt (Byntze). Die ersten Badeanstalten entstanden 1835. 1872 wurde die Rügener Eisenbahnstrecke Bergen - Binz eröffnet. Acht Jahre später entstand die erste Seebrücke. In der Stralsundischen Zeitung wurde Binz 1884 erstmals als Badeort erwähnt. Danach sind mehrere Villen errichtet worden: 1885 Villa "Undine" an der Strandpromenade und 1886 Villa "Wende" in der Putbuser Straße als erstes Haus im Stil der Bäderarchitektur sowie im gleichen Jahr die heutige Villa "Seeblick". 1887 eröffnete das "Ostsee-Hotel"[5] an der Strandpromenade. Dann kamen weitere Villen hinzu und 1890 das erste Kurhaus[6]. Die Damen- und Herrenbäder wurden 1893 gebaut und bis 1922 getrennt betrieben. 1895 ist das Kurhaus Binz errichtet worden. Im Folgejahr wurde das Warmbad eröffnet. Seit 1897 gibt es die Freiwillige Feuerwehr in Binz. Die Anzahl der Gäste nahm erheblich zu. Im Jahr 1900 waren es rund 10.000[7]. Die erste feste Landungsbrücke wurde 1902 errichtet, Silvester 1904 durch Sturm zerstört und 1905 wieder aufgebaut. Bei großem Menschenandrang brachen am 28. Juli 1912 Teile der Seebrücke zusammen und 17 Personen kamen ums Leben. Das war ein wesentlicher Anlass zur Gründung der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) am 13. Oktober 1913 in Leipzig. Nach zwei Jahren Bauzeit ist 1913 die Dorfkirche geweiht worden. Sechs Jahre später erhielt Binz ein eigenes Wappen. In den 1920er Jahren entstand die katholische Kirche Stella Maris (2009-2010 erweitert). Das Strandhotel wurde 1936 eröffnet. Zum wiederholten Male ist 1994 eine neue Seebrücke (370 m lang) geschaffen worden. Sie wurde 2004 renoviert. Als erstes Seebad ist Binz 2012 mit dem Prädikat "Heilklimatischer Kurort" ausgezeichnet worden. Das Naturerbe-Zentrum Rügen (Prora) mit Baumwipfelpfad und spiralförmigem Aufstieg zum 40 m hohem Aussichtsturm wurde am 15. Juni 2013 eröffnet. Anhand der Denkmalschutzliste ist ersichtlich, dass insbesondere an der Strandpromenade (19), in der Hauptstraße (8), in der Schillerstraße (6), in der Putbuser Straße (6) und in weiteren Straßen einige ältere Häuser erhalten geblieben sind bzw. restauriert wurden. Im Juni 2021 waren 6375 Einwohner registriert, davon 5440 mit Hauptwohnung.
Jagdschloss Granitz
- Tel.: 03 85 / 58 84 15 22
- E-Mail: jagdschloss-granitz@mv-schloesser.de
Fürst Wilhelm Malte I. zu Putbus[8] gründete 1810 Putbus, hatte 1830 den ersten Badekarren in Binz und ließ ab 1837 das Jagdschloss Granitz auf dem 106 m hohen Tempelberg errichten. Der Architekt Gottfried Steinmeyer[9] plante mit Unterstützung von Karl Friedrich Schinkel[10] dieses Bauwerk. Es ist überliefert, dass K. F. Schinkel die Pläne für den Hauptturm erstellte. 1846 war das neogotische Bauwerk fertiggestellt. Es galt als das schönste Jagdschloss Deutschlands. Die Innenausstattung wurde 1945 ausgelagert und ist dann verschollen. Später wurde das Schloss unter Denkmalschutz gestellt. Jetzt kommen jährlich rund 250.000 bis 300.000 Besucher. Das Schloss ist jedoch nicht barrierefrei. Um den Panoramablick vom 38 Meter hohen Hauptturm genießen zu können, muss man vorher die Wendeltreppe mit 154 Stufen hinaufsteigen. Außerdem kann man das Schlossmuseum besichtigen, das von November bis März montags geschlossen ist. In den anderen Monaten ist täglich geöffnet. Öffentliche Führungen finden donnerstags ab 11.30 Uhr statt.
Rasender Roland
- Rügensche Bäderbahn - Rasender Roland
- Tel.: 03 83 01 / 88 40 12
- E-Mail: ruegen@pressnitztalbahn.de
Am 28. Juli 1892 trat das preußische Kleinbahngesetz in Kraft. In diesem Zusammenhang entstanden auch auf Rügen einige Kleinbahnstrecken. Die größte Ausdehnung wurde 1918 mit einer Länge von fast 100 Kilometern erreicht. Später erfolgte die Stilllegung der meisten Linien, sodass nur noch die wirtschaftlichste Strecke Putbus - Göhren übrig blieb. Diese Strecke wurde damals in vier Abschnitten errichtet:
- Putbus - Binz (10,8 km) Eröffnung am 21. Juli 1895
- Binz - Sellin West (7,1 km) Eröffnung am 23. Mai 1896
- Sellin West - Sellin Ost (1,2 km) Eröffnung am 3. Juli 1896 und
- Sellin Ost - Göhren (5,0 km) Eröffnung am 31. Oktober 1899.
Ab 1952 ergänzte man Loks und Wagen, sodass jetzt die meisten sächsischen Ursprungs sind. Der Güterverkehr wurde am 11. Dezember 1967 eingestellt. Seit 2018 betreibt die Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn mbh den Rasenden Roland. Die Spurweite beträgt 750 mm. Die Züge fahren maximal 30 km/h.
Prora
Prora gehört ebenfalls zum Gemeindegebiet von Binz. Dieser Ortsteil liegt auf der Nehrung[11] "Schmale Heide" zwischen dem Ortskern von Binz und dem Stadtteil Mukran der Stadt Sassnitz. Von 1936[12] bis 1939 war hier eine große Baustelle. Man wollte ein KdF[13]-Seebad als Modellprojekt erschaffen. Acht miteinander verbundene Bettenhäuser entlang der Küste erreichten mit den Verbindungsbauten eine Gesamtlänge von rund 4,5 Kilometern. Die gleichen Bauten sollten später in Kolberg[14], Timmendorfer Strand (Ostholstein) und an zwei weiteren Küstenorten (z. B. in Ostpreußen) errichtet werden. Mit Kriegsbeginn wurden die Arbeiten in Prora vorerst eingestellt. Die Bettentrakte waren zum größten Teil fertiggestellt. Die zentrale Festhalle mit 20.000 Sitzplätzen für Massenveranstaltungen entstand nicht. Trotzdem ist dieser Gebäudekomplex neben dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg die größte geschlossene architektonische Hinterlassenschaft der NS-Zeit. Das Bauwerk wurde als KdF-Seebad nie genutzt. Während des Zweiten Weltkriegs sind ein Polizeibataillon dort ausgebildet bzw. Nachrichtenhelferinnen der Kriegsmarine geschult worden. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene führten Ausbauarbeiten durch. Das Bauwerk diente als Notunterkunft für Hamburger nach den großen Bombenangriffen 1943 und später für Flüchtlinge aus dem Osten. 1944 wurde es als Lazarett genutzt. Nach dem Krieg sind einzelne, unvollständige Gebäudeteile abgerissen worden. Ab 1950 wurde der Koloss militärisch genutzt von der Roten Armee (Sowjetunion) und von der Nationalen Volksarmee (DDR). Die gesamte Nehrung war Sperrgebiet. 800 Wehrdienstverweigerer wohnte dort nach 1980 als Baubrigade für den Fährhafen Neu Mukran. 1994 wurde der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz gestellt. In einzelnen Gebäudeteilen waren mehrere Museen und Ausstellungen untergebracht. Hiervon existiert nur noch das Dokumentationszentrum Prora, das für Bildung, Dokumentation und Forschung genutzt wird.
- Dokumentationszentrum Prora
- Dritte Straße 4
- Block 3 / Querriegel
- 18609 Binz OT Prora
- Tel.: 03 83 93 / 1 39 91
- E-Mail: post@prora.eu
Weitere touristische Objekte
- Museum Ostseebad Binz
- Bahnhofstr. 54
- 18609 Ostseebad Binz
- Tel.: 01 78 / 4 40 88 11
- E-Mail: info@museum-binz.de
- Binzer Bucht Tourismus (im Haus des Gastes)
- Heinrich-Heine-Straße 7
- 18609 Ostseebad Binz
- Te.: 03 83 93 / 14 81 48
Söhne und Töchter von Binz
- Franziska Dassow (* um 1870 in Binz; † nach 1902) Theaterschauspielerin
- Adalbert Bela Kaba-Klein (* 1895; † 1962) in den 1920er Jahren Investor des Binzer Kurhauses
- Ulrich Müther (* 21. Juli 1934 in Binz; † 21. August 2007 in Binz) Bauingenieur und Bauunternehmer; schuf die Wasserrettungsstation Binz[15]
- Sylvia Zacharias (* 17. September 1944 in Binz; † 8. Juni 2022 in Berlin) Journalistin
- Monika Nelson-Schaal (* 30. August 1945 in Binz) Politikerin
- Gudrun Nelson-Schnirch (* 13. September 1945 in Binz) Politikerin
- Peter-Michael Diestel (* 14. Februar 1952 in Prora) Rechtsanwalt, Politiker
- Gesine Skrzepski (* 5. September 1955 in Binz) Kulturwissenschaftlerin, Politikerin
Weitere Persönlichkeiten
- Gottfried Steinmeyer siehe Jagdschloss Granitz
- Otto Spalding (* 24. Mai 1863 in Jahnkow OT Glewitz [jetzt Landkreis Vorpommern-Rügen]; † 19. Juli 1945 in Berlin) Architekt, Baubeamter; schuf das Kurhaus Binz
- Thomas Wilhelm (* 13. Januar 1984 in Bergen auf Rügen) wuchs in Binz auf; Leichtathlet
Städtepartnerschaften
Binz hat folgende Partnerstädte:
- Białogard (Woiwodschaft Westpommern/Polen)
- Cuxhaven - Partnerschaftsvertrag vom 3. Oktober 1990
Werbeflyer
Literatur
Rügen Hiddensee. Urlaubshandbuch - Höh, P. - Bielefeld: Reise Know-How Verlag, 1998 - 336 S. - ISBN 978-3-89416-654-0
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Ranen waren ein westslawisches Volk.
- ↑ Waldemar I. von Dänemark (* 14. Januar 1131; † 12. Mai 1182) 1154-1166 König von Dänemark
- ↑ Absalon von Roskilde (* 1128; † 21. März 1201) 1158-1191 Bischof von Roskilde [Königspfalz und Bischofssitz]; 1177-1201 Erzbischof als Axel von Lund [jetzt Schweden]
- ↑ Jaromars I. war der erste Fürst auf Rügen.
- ↑ Ostsee-Hotel: heute --> Aparthotel Ostsee
- ↑ Kurhaus: an der Strandpromenade
- ↑ 1890 --> 3446; 1880 --> 140
- ↑ Wilhelm Malte I. zu Putbus (* 1. August 1783 in Putbus; † 26. September 1854 in Putbus) Graf; wurde 1807 Fürst
- ↑ Gottfried Steinmeyer (* um 1780 in Mühlhausen/Thüringen; † 6. Mai 1851 in Berlin) Zimmermann, Architekt; freundschaftlich mit Karl Friedrich Schinkel verbunden; viele Gebäude in Putbus stammen von ihm
- ↑ Karl Friedrich Schinkel (* 13. März 1781 in Neuruppin/Land Brandenburg; † 9. Oktober 1841 in Berlin) Baubeamter, Architekt, Denkmalpfleger, Maler, Bühnenbildner; insbesondere in Berlin-Mitte kann man viele seiner Bauwerke sehen
- ↑ Nehrung: schmaler Sandstreifen, der ein Haff vom offenen Meer abtrennt
- ↑ Grundsteinlegung am 2. Mai 1936
- ↑ KdF: NS-Gemeinschaft "Kraft durch Freude" zur Betreuung der Arbeiter in ihrer Freizeit; im November 1933 gegründet
- ↑ Kolberg: jetzt Kołobrzeg, Woiwodschaft Westpommern/Polen
- ↑ Die ehemalige Wasserrettungsstation Binz wird jetzt vom Standesamt genutzt.