Del Banco, Alma
Alma Aline Henriette del Banco (* 24. Dezember 1862[1] in Hamburg; † 8. März 1943 in Hamburg) war eine Künstlerin der Moderne, deren Werke auch in Cuxhaven ausgestellt wurden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Alma war die jüngste Tochter von Therese (geb. Vallentin; 1824-1884) und Eduard Moses del Banco (1810-1881). Ihr Vater betrieb ein Handelsgeschäft in der Deichstraße 16 in Hamburg. Nach dem frühen Tod der Eltern übernahm der Halbbruder, Siegmund (1846-1938) das Geschäft und baute es aus. Siegmund war nun Familienoberhaupt und Ernährer für seine drei Halbschwestern Alma, Fanny (1857-1923) und Eleonore (1859[2]-1934). Sie lebten in der elterlichen Wohnung in der Katharinenstraße 20. Später teilten sich Alma und Siegmund eine Wohnung am Neuen Jungfernstieg 2, am Gänsemarkt 61 und anschließend am Jungfernstieg 50. Als sie über dreißig Jahre alt war, entschloss sich Alma zum Kunststudium (Malerei) an der "Privaten Malschule Röver"[3]. Sie konnte ausschließlich an einer Privatschule studieren. Die Hamburger Gewerbeschule und andere Schulen in Deutschland waren den Frauen damals verwehrt. Alma wurde von Ernst Eitner[4] und Arthur Illies[5] unterrichtet. Sie lernte den Impressionismus mit norddeutscher Prägung kennen. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges bildete sie sich in Paris bei Jacques Simon[6], André Lhote[7] und Fernand Léger[8] weiter. Die Künstlerin setzte sich mit den Werken von Paul Cézanne[9], Henri Matisse[10], Fernand Léger und mit den aktuellen Kunstströmungen des Kubismus sowie des Expressionismus auseinander.
1914 kam sie nach Hamburg zurück und arbeitete seitdem als freischaffende Künstlerin im eigenen Atelier[11], das Siegmund ihr angemietet hatte. Viele ihrer damaligen Werke haben eine leichte Verzerrung der Bildmotive durch den Einfluss des Kubismus. Außerdem werden einige Bilder skizzenhaft empfunden, weil dort dünner Farbauftrag sowie Stellen mit unbemalter Leinwand diesen gewollten Eindruck vermitteln. Nach dem Krieg reiste sie zu Studienzwecken nach Italien (1922 mit Gretchen Wohlwill[12]), Frankreich, Spanien, Jugoslawien[13] und Rumänien.
1919 war sie Gründungsmitglied der Hamburgischen Sezession[14]. Die Künstlerin trat 1920 in die Hamburgische Künstlerschaft e. V.[15] ein. Außerdem war sie 1931 Gründungsmitglied des ersten deutschen Zonta-Clubs[16].
Ihr Stil änderte sich Anfang der 1930er Jahre. Sie entfernte sich vom Skizzenhaften und nahm Elemente des sich entwickelnden Hamburger Sezessionsstils in ihre Werke auf. Die Künstlerin wählte Hamburger, Cuxhavener (z. B. "Rote und gelbe Segel") und andere norddeutsche Motive sowie Stilleben. Darüber hinaus war Alma del Banco eine gefragte Porträtistin. Sie malte zahlreiche Persönlichkeiten der Hamburger Gesellschaft, z. B. Wilhelm Burchard-Motz[17], Ida Dehmel[18], Max Sauerlandt[19], Georg Ludwig Wendemuth[20]. Am 18. Januar 1931 wurde in Cuxhaven eine Kunstausstellung mit Werken von Alma del Banco und Ernst Gock in der Mädchen-Realschule (Schulstraße 18) eröffnet.
Wegen ihrer jüdischen Abstammung erfolgte 1933 der Ausschluss aus der Hamburgischen Künstlerschaft. In diesem politischen Zusammenhang löste sich die Hamburgische Sezession selber auf. 1937 sind 13 Werke der Künstlerin in der staatlich organisierten Kampagne "Entartete Kunst" aus der Hamburger Kunsthalle beschlagnahmt worden (9 wurden zerstört; eins ist verschollen). Alma del Banco wurde im darauffolgenden Jahr aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen. Durch das Verbot der Teilnahme an Ausstellungen und durch das Ausschluss aus den Künstlerorganisationen geriet sie immer mehr in künstlerische sowie soziale Isolation. Als ihr Halbbruder Siegmund 1938 verstarb, zog sie aus der Wohnung Jungfernstieg 50 aus und bei ihrem Schwager Hans Lübbert in Blankenese, Hasenhöhe 95 ein. Hans Lübbert hatte 1892 ihre Schwester Eleonore geheiratet. Hier konnte sie weiterhin künstlerisch tätig sein, denn ihr Schwager hatte ihr - schon Jahre vor dem Umzug - ein Atelier in seinem Haus eingerichtet. Die Behörden setzten sie unter Hausarrest. Zur Emigration fühlte sich die Künstlerin zu schwach und zu alt. Nachdem sie den Deportationsbescheid nach Theresienstadt[21] erhielt, nahm sie sich am 8. März 1943 mit Morphin das Leben.
Ihre Grabstätte befindet sich auf dem Ohlsdorfer Friedhof (Fuhlsbütteler Straße 756) Grab AC 8, 215-224 (nahe der Kapelle 8).
Die letzte Wohnstätte von Alma del Banco in Blakenese gibt es nicht mehr. Das Haus in der Hasenhöhe 95 wurde 2019 abgerissen.
Künstlerischer Nachlass
Das Hamburger Forum für Künstlernachlässe verwaltet ihre künstlerische Hinterlassenschaft.
In vielen Hamburger Museen - insbesondere in der Hamburger Kunsthalle und im Altonaer Museum -, im Jüdischen Museum in Rendsburg, im Museum Baden in Solingen sowie in weiteren Museen befinden sich Werke von Alma del Banco.
Das Buch "Alma del Banco. Eine Hamburger Künstlerin. 1862-1943 - Held-Weimar, F. - Neumünster: Wachholtz Verlag, 2011 - 255 S. - ISBN 9783529028526" beinhaltet auch ein Verzeichnis ihrer Werke.
Weblinks
- Das jüdische Hamburg
- BPK Bildagentur --> Bitte "00031318" eingeben = Bild "Oberbaudirektor Georg Ludwig Wendemuth"
- Künstlernachlässe
Fußnoten
- ↑ Die Mehrzahl der vorgefundenen Quellen vermerkt das Jahr 1862 als Geburtsjahr. In einzelnen Fällen wird das Jahr 1863 dokumentiert.
- ↑ Einzelne Quellen geben das Jahr 1862 an.
- ↑ Private Malschule für Frauen (auch Damenmalschule genannt); 1891 von Valeska Röver (6. Februar 1849 - 31. März 1931) im Glockengießerwall 23 gegründet; 1904 übernahm die frühere Schülerin Gerda Koppel (28. Oktober 1875 - 21. Juni 1941) die Schule; die Kunstschule wurde 1921 als staatliche Ersatz-Fortbildungsstätte anerkannt; Gerda durfte als Jüdin die Schule nicht mehr weiterführen und übergab die Leitung an ihre ehemalige Schülerin Gabriele Stock-Schmilinsky (13. August 1903 - 19. Juli 1984); Weiterführung als Kunstschule Schmilinsky im Mittelweg 169
- ↑ Ernst Eitner (30. August 1867 - 28. August 1955): Maler des Impressionismus; unterrichtete von 1894 bis 1909 an der Malschule
- ↑ Karl Wilhelm Arthur Illies (9. Februar 1870 - 27. Mai 1952): Maler und Grafiker; unterrichtete von 1895 bis 1908 an der Malschule
- ↑ Jacques Simon (21. November 1875 - 16. Februar 1965): französischer Maler und Grafiker
- ↑ André Lhote (5. Juli 1885 - 24. Januar 1962): französischer Maler des Kubismus, Kunsttheoretiker, Lehrer
- ↑ Fernand Léger (4. Februar 1881 - 17. August 1955): französischer Maler, Bildhauer, Grafiker ...; Frühwerke: Kubismus; seine späteren Werke beeinflussten die Pop Art
- ↑ Paul Cézanne (19. Januar 1839 - 22. Oktober 1906): Seine Werke können verschiedenen Stilrichtungen zugeordnet werden: Romantik, Realismus und Impressionismus.
- ↑ Henri Émile Beroît Matisse (31. Dezember 1869 - 3. November 1954): französischer Maler, Grafiker, Zeichner, Bildhauer der klassischen Moderne
- ↑ Atelier: heutige Stelle --> Große Theaterstraße 34/35
- ↑ Gretchen Wohlwill (27. Februar 1878 - 17. Mai 1962): Malerin, Schülerin an der Académie Matisse (private Malschule, auf der Henri Matisse unterrichtete; bestand von 1908 bis 1911)
- ↑ Jugoslawien: ehemaliger Vielvölkerstaat auf dem Balkan; angrenzend an Italien, Österreich, Ungarn,Rumänien, Bulgarien, Griechenland und Albanien; ab 1931 als Jugoslawien bezeichnet; vorher: Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen
- ↑ Hamburgische Sezession: Künstlervereinigung, bestand von 1919 bis 1933 und von 1945 bis 1952
- ↑ Hamburgische Künstlerschaft: 1920-1932 Dachorganisation des Hamburger Künstlervereins (1832 bis um 1968) und der Hamburgischen Sezession sowie 1929-1933 Hamburger Bezirksgruppe des Reichsverbandes der bildenden Künstler
- ↑ Zonta-Club: Organisation für Frauen nach dem Vorbild von Rotary; Mitglied von Zonta International (1919 in den USA gegründet); 1930 in Wien gegründet; 1952 in München gegründet; ...
- ↑ Wilhelm Burchard-Motz (4. Juli 1878 - 13. Januar 1963): Rechtsanwalt, Senator, stellvertretender Bürgermeister
- ↑ Ida Dehmel (14. Januar 1870 - 29. September 1942): Kunstförderin, Frauenrechtlerin
- ↑ Max Sauerlandt (6. Februar 1880 - 1. Januar 1934): Kunsthistoriker, Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, Hamburg
- ↑ Georg Ludwig Wendemuth (8. August 1860 - 22. September 1929): Oberbaudirektor, Erbauer des St. Pauli-Elbtunnels
- ↑ Ghetto Theresienstadt: großes Konzentrationslager im damaligen Protektorat Böhmen und Mähren