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Hamburger Herberge: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Gebäude [[Marktplatz]] 8, in dem heute eine Zweigstelle der [[Stadtsparkasse Cuxhaven]] eingerichtet ist, befindet sich an einer Stelle, die schon zur Zeit der Erbauung des [[Schloss Ritzebüttel|Schlosses Ritzebüttel]] mit einem bäuerlichen Anwesen besiedelt war.  Erste Nachweise über die Existenz einer Gastwirtschaft  finden sich in den Kirchenrechnungen der [[St. Gertrud-Kirche]] und der [[St. Abundus-Kirche|Grodener Kirche]].  Hierin erfolgt der Ausgabennachweis für Bier, dass für den Kirchenvorstand, der in der Hamburger Herberge tagte, verzehrt wurde. Der damalige Besitzer hieß Claus Schleyer, dessen Sohn Johann Schleyer als erster Besitzer in den Winnungsbüchern des Amtes Ritzebüttel<ref>Die Besitzwechsel der Herrengüter der Mitglieder des Hamburger Rates wurden in den Winnungsbüchern verzeichnet.  Kinder des Inhabers bzw. andere Nachfolger (mit Ausnahme der Witwe) mussten das Grundstück neu "winnen", d.h., gegen Zahlung  einer Geldsumme von den Eigentümern neu mit den Besitzrechten belehnt werden.</ref>  für das Jahr 1579 erstmals genannt wird.
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Das Gebäude [[Marktplatz]] 8, in dem bis 2013 eine Zweigstelle der [[Stadtsparkasse Cuxhaven]] eingerichtet war (heute ein Maklerbüro), befindet sich an einer Stelle, die schon zur Zeit der Erbauung des [[Schloss Ritzebüttel|Schlosses Ritzebüttel]] mit einem bäuerlichen Anwesen besiedelt war.  Erste Nachweise über die Existenz einer Gastwirtschaft  finden sich in den Kirchenrechnungen der [[St. Gertrud-Kirche]] und der [[St. Abundus-Kirche|Grodener Kirche]].  Hierin erfolgt der Ausgabennachweis für Bier, das für den Kirchenvorstand, der in der Hamburger Herberge tagte, verzehrt wurde. Der damalige Besitzer hieß Claus Schleyer, dessen Sohn Johann Schleyer als erster Besitzer in den Winnungsbüchern des Amtes Ritzebüttel<ref>Die Besitzwechsel der Herrengüter der Mitglieder des Hamburger Rates wurden in den Winnungsbüchern verzeichnet.  Kinder des Inhabers bzw. andere Nachfolger (mit Ausnahme der Witwe) mussten das Grundstück neu "winnen", d.h., gegen Zahlung  einer Geldsumme von den Eigentümern neu mit den Besitzrechten belehnt werden.</ref>  für das Jahr 1579 erstmals genannt wird.
  
 
Das Gasthaus diente Gästen des Schlosses bzw. des Amtmannes als Unterkunft und Wartegelegenheit, bis sie empfangen wurden. Während eines mehrtägigen Amtmannswechsel belegten die Mitreisenden aus Hamburg die (wahrscheinlich deshalb so genannte) Hamburger Herberge. Auch Hamburger Ratsherren und Beauftragte, die selbst auf dem Schloss wohnten, brachten ihre Dienerschaft in dem Gasthaus unter.
 
Das Gasthaus diente Gästen des Schlosses bzw. des Amtmannes als Unterkunft und Wartegelegenheit, bis sie empfangen wurden. Während eines mehrtägigen Amtmannswechsel belegten die Mitreisenden aus Hamburg die (wahrscheinlich deshalb so genannte) Hamburger Herberge. Auch Hamburger Ratsherren und Beauftragte, die selbst auf dem Schloss wohnten, brachten ihre Dienerschaft in dem Gasthaus unter.

Version vom 17. Dezember 2014, 12:48 Uhr

Bild von 2009

Die Hamburger Herberge war höchstwahrscheinlich das älteste Gasthaus in Ritzebüttel.

Geschichte

Das Gebäude Marktplatz 8, in dem bis 2013 eine Zweigstelle der Stadtsparkasse Cuxhaven eingerichtet war (heute ein Maklerbüro), befindet sich an einer Stelle, die schon zur Zeit der Erbauung des Schlosses Ritzebüttel mit einem bäuerlichen Anwesen besiedelt war. Erste Nachweise über die Existenz einer Gastwirtschaft finden sich in den Kirchenrechnungen der St. Gertrud-Kirche und der Grodener Kirche. Hierin erfolgt der Ausgabennachweis für Bier, das für den Kirchenvorstand, der in der Hamburger Herberge tagte, verzehrt wurde. Der damalige Besitzer hieß Claus Schleyer, dessen Sohn Johann Schleyer als erster Besitzer in den Winnungsbüchern des Amtes Ritzebüttel[1] für das Jahr 1579 erstmals genannt wird.

Das Gasthaus diente Gästen des Schlosses bzw. des Amtmannes als Unterkunft und Wartegelegenheit, bis sie empfangen wurden. Während eines mehrtägigen Amtmannswechsel belegten die Mitreisenden aus Hamburg die (wahrscheinlich deshalb so genannte) Hamburger Herberge. Auch Hamburger Ratsherren und Beauftragte, die selbst auf dem Schloss wohnten, brachten ihre Dienerschaft in dem Gasthaus unter.

Eine besondere Rolle spielte die Hamburger Herberge im Rahmen der halbjährlichen Deichschauungen für den Hadeler Seebandsdeich . Hier trafen sich der Grodener Schultheiß mit seinen Deichgeschworenen, der für die Hamburgischen Deichlosinhaber die Aufsichtsperson war und der Lüdingworther Schultheiß, der für die Deichpflichtigen des Landes Hadeln zuständig war. Der Auszug aus einem Protokoll dieses Treffens vom 6. November 1755 ist unten dargestellt.

Die Besitzer der Hamburger Herberge lassen sich anhand der Winnungsbücher, später der Hypothekenbücher und heutzutage durch die Grundbücher lückenlos nachverfolgen. Im Oktober 1985 kaufte die Stadtsparkasse Cuxhaven das Gebäude und richtete darin nach einer umfangreichen Renovierung im Jahre 1987 eine Geschäftsstelle ein. Vorangegangen war die Einrichtung einer "Mietekasse Haase"[2] in den 50er Jahren. Hier hatten die Einwohner Ritzebüttels bis in die 60er Jahre die Möglichkeit, ihre Mietzahlungen zu entrichten.

Die Lüdingworther Schultheißen und die Deichschauungen

Walter Höpcke berichtet Folgendes über die Ereignisse anlässlich von Deichschauungen in der Hamburger Herberge:

Ein Protokoll über die "am Donnerstage, den 6. November 1755 gehaltene Schauung des Alten Deiches" wird mit folgenden Sätzen eingeleitet:

,,Am Vormittage versammelten sich die beiden Landschöpfen des Kirchspiels Lüdingworth mit ihren bei sich habenden Geschworenen in Peter Eggers Hause oder der sog. Hamburger Herberge. Bei ihrer Ankunft im Flecken schießen sie ihre bei sich habenden Pistolen los. Um 12 Uhr ritten selbige die Lange Straße (= Nordersteinstraße) hinunter bis an den Deich usw.". Um diese Pistolenknallerei ist nun ein erbitterter Papierkrieg zwischen dem Amtmann von Sienen und dem Gräfen des Landes Hadeln, dem Geh. Rat Freiherrn von Bodenbausen, entbrannt, der ein ganzes Jahr gedauert hat. Der Amtmann befürchtete, durch das Abfeuern der Pistolen könnten die Strohdächer Feuer fangen - wie man es vor 100 Jahren (am 28. Mai 1654) schon einmal erlebt hatte - und scheu gewordene Pferde Unheil anrichten. Der Verlauf des Krieges ist uns durch eine Akte überliefert worden, aus der einige Abschnitte, in denen unser Gasthof genannt wird, wörtlich wiedergegeben werden sollen. Nach einer anderen Deichschau, am 20. November 1769, beschwert sich der Amtmann bei dem Gräfen über die Lüdingworther: "Dieselben kommen, von ihrem Schultheißen angeführt, unter beständigem Schießen aus Pistolen im hiesigen Flecken an, kehren in dem dem Schlosse gegenüber gelegenen Wirtshause einige Stunden ein und schießen - während sie sich daselbst vielleicht nicht auf die mäßigste Art beim Trunke belustigen, ohne Unterlaß aus den Fenstern. Und wenn sie sich von da durch den größtenteils mit strohgedeckten Häusern bebauten Flecken endlich zu ihrem Berufe nach dem Deiche begeben, so wird dieses Schießen unaufhörlich von ihnen fortgetrieben, und obgleich sie zuweilen an die Ungebührlichkeit und an die gefährlichen Folgen dieses Betragens erinnert worden, so haben jedoch diese glimpflichen Vorstellungen nichts anderes ausgerichtet, als daß sie es gleichsam zum Trotze noch ärger gemacht haben." Aber die diplomatischen Schritte haben noch keinen Erfolg gehabt, denn " ... am Freitag den 2. d. M. (November 1770) haben sie es ärger als jemals gemacht ... Ungeachtet ihnen auf meinen Befehl von dem Wirte, bei welchem sie hier im Flecken. dem Schlosse gegenüber, eingekehret, die Erinnerung gegeben worden, sich des Schießens zu enthalten, haben sie doch, sobald sie sich vor dem Wirthause wieder zu Pferde gesetzt, mit einer ganzen Salve angefangen, zu welcher nach Aussage hiesiger Einwohner die Landschöpfen Ranck und Hävesche das Signal durch die ersten Schüsse gegeben. Darauf haben sie mit unaufhörlichem Schießen durch den Flecken und - solange es nur gehört werden können - am Deiche fortgefahren. Und wie ich während dieses unbändigen Betragens und auf ihrem Zug durch den Flecken ihnen das weitere Schießen durch 2 Musquetiers von der hiesigen Schloßwache verbieten lassen, haben sie diese mit höhnischen Worten abgewiesen und in deren Gegenwart das Schießen verdoppelt." Darauf antwortet der Gräfe, er habe die Schuldigen in Geldstrafe genommen und werde für die Zukunft jegliches Schießen bei Deichschauungen mit fünf Reichsthalern bestrafen; er erwartet aber vom Amtmann, daß er auch seinen Untertanen das "sehr unanständige und gefährliche Schießen" untersagen werde. Die Hadeler hatten nämlich behauptet, daß sie nur bei Begegnung mit dem Ritzebütteler ,,Deichzug" (der am gleichen Tage die Ritzebütteler Deichlose schaute) ihre Pistolen abschössen, weil die Ritzebütteler zuerst diesen Salut feuerten. Damit scheint die Schießerei ein Ende gefunden zu haben und die Fleckenjungen um einige ereignisreiche Tage ärmer geworden zu sein, die ihnen immer gewaltig imponiert hatten. Zwar versuchten die Lüdingworther in einer Bittschrift drei Jahre später, als ein neuer Amtmann (Herr Widow) die Regierung angetreten hatte, die alte Sitte, "im Durchreiten die Pistolen abzuschießen", wieder aufzuwärmen unter dem Versprechen, daß von seiten der Interessenten alle "Unordnung und Exzesse" abgewendet werden würden, da man "einen so lang bestandenen Gebrauch beizubehalten wünsche". Aber damit schließt leider die Akte; wir erfahren nicht die Stel1ungnabme des Amtmannes, doch wir haben das Gefühl, daß er den Hadlern nicht entgegengekommen ist. Nicht anzunehmen ist jedoch, daß die Gewohnheit der Hadler, sich vor und in diesem Hause zu sammeln, zugleich aufgehört habe.

Quellen

Höpcke, Walter: Die "Hamburger Herberge"; der älteste Gasthof Ritzebüttels, in: Jahrbuch der Männer vom Morgenstern 55/1975

Stadtsparkasse Cuxhaven (Hrsg.): Ein historisches Haus wird Stadtsparkasse Marktplatz 8, 1987 Rechte Maustaste, "In neuer Registerkarte öffnen"


Fußnoten

  1. Die Besitzwechsel der Herrengüter der Mitglieder des Hamburger Rates wurden in den Winnungsbüchern verzeichnet. Kinder des Inhabers bzw. andere Nachfolger (mit Ausnahme der Witwe) mussten das Grundstück neu "winnen", d.h., gegen Zahlung einer Geldsumme von den Eigentümern neu mit den Besitzrechten belehnt werden.
  2. Von 1953 bis April 1964 hieß der Pächter der Gaststätte Willy Haase. Eigentümer war die Elbschlossbrauerei in Hamburg.