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Friedhof der Namenlosen: Unterschied zwischen den Versionen

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==  Friedhof der Namenlosen ==
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Viele Jahre wurden angeschwemmte Wasserleichen aus der Elbmündung auf [[Trischen]] bestattet. Einige der dort beerdigten Leichen wurden vom Fischer Emil Karstens aus dem [[Kaiser-Wilhelm-Koog]] im Fanggeschirr seines Kutters "Annemarie II" aus der Elbmündung gefischt. Karstens war der Fischer, der wie niemand anders die Strömungsverhältnisse vor der Dithmarscher Küste kannte. Er erhielt für seine Bergungen das Bundesverdienstkreuz. Nachdem der Friedhof der Namenlosen auf der Insel [[Trischen]] aufgegeben wurde, hat man alle "namenlosen" Wasserleichen zunächst auf [[Neuwerk]] bestattet und später dann auf dem Festland.
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Auch auf der Insel Amrum befindet sich ein solcher Friedhof der Namenlosen. Dort heißt er "Heimatlosenfriedhof". Auf diesem wurden nicht identifizierbare Wasserleichen bestattet. Die meisten Gräber stammen vom Beginn des 20. Jahrhunderts, das letzte aus dem Jahr 1969. Heute können fast alle gefundenen Ertrunkenen aufgrund besserer Techniken identifiziert werden. Jedes Grab auf diesen Notfriedhöfen ist mit einem schlichten Holzkreuz ohne Namen mit eingeschnitztem Funddatum versehen.
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== Wasserleichen ==
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Als der Schiffsverkehr auf der Nordsee noch überwiegend von Großseglern und den ersten Dampfschiffen bewältigt wurde, gab es an den Nordseeküsten sehr viele Havarien. Im Sturm, bei ungünstigen Strömungsverhältnissen war die Küste oft näher, als den Schiffen gut tat. Das Rettungswesen wie wir es heute von der [[DGzRS]] kennen, war noch nicht organisiert und das Interesse an Bergungslöhnen groß.
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== Wasserleichen in der Literatur ==
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Die Brandungsmarken waren oft auch Fundstätten von Wasserleichen. Diese beschrieb Theodor Storm in seinem Schimmelreiter sehr eindringlich. Seiner Ansicht nach wurde dadurch haidnisches Gedankengut genährt. Eigensinnige religiöse Auslegungen mögen also auch seinen jungen Hauke Haien geprägt haben.
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'''Textpassage:'''
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Im Februar bei dauerndem Frostwetter wurden angetriebene Leichen aufgefunden; draußen am offenen Haff auf den gefrorenen Watten hatten sie gelegen. Ein junges Weib, die dabeigewesen war, als man sie in das Dorf geholt hatte, stand redselig vor dem alten Haien. »Glaubt nicht, daß sie wie Menschen aussahen«, rief sie; »nein, wie die Seeteufel! So große Köpfe«, und hielt die ausgespreizten Hände von weitem gegeneinander, »gnidderschwarz und blank, wie frischgebacken Brot! Und die Krabben hatten sie angeknabbert; und die Kinder schrien laut, als sie sie sahen!«
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Dem alten Haien war so was just nichts Neues. »Sie haben wohl seit November schon in See getrieben!« sagte er gleichmütig.
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Hauke stand schweigend daneben; aber sobald er konnte, schlich er sich auf den Deich hinaus; es war nicht zu sagen, wollte er noch nach weiteren Toten suchen, oder zog ihn nur das Grauen, das noch auf den jetzt verlassenen Stellen brüten mußte. Er lief weiter und weiter, bis er einsam in der Öde stand, wo nur die Winde über den Deich wehten, wo nichts war als die klagenden Stimmen der großen Vögel, die rasch vorüberschossen; zu seiner Linken die leere weite Marsch, zur andern Seite der unabsehbare Strand mit seiner jetzt vom Eise schimmernden Fläche der Watten; es war, als liege die ganze Welt in weißem Tod.
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Hauke blieb oben auf dem Deiche stehen, und seine scharfen Augen schweiften weit umher; aber von Toten war nichts mehr zu sehen; nur wo die unsichtbaren Wattströme sich darunter drängten, hob und senkte die Eisfläche sich in stromartigen Linien.
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›Was wollen die? Sind es die Geister der Ertrunkenen?‹ dachte Hauke. »Hoiho!« schrie er laut in die Nacht hinaus; aber die draußen kehrten sich nicht an seinen Schrei, sondern trieben ihr wunderliches Wesen fort.
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Da kamen ihm die furchtbaren norwegischen Seegespenster in den Sinn, von denen ein alter Kapitän ihm einst erzählt hatte, die statt des Angesichts einen stumpfen Pull von Seegras auf dem Nacken tragen; aber er lief nicht fort, sondern bohrte die Hacken seiner Stiefel fest in den Klei des Deiches und sah starr dem possenhaften Unwesen zu, das in der einfallenden Dämmerung vor seinen Augen fortspielte. »Seid ihr auch hier bei uns?« sprach er mit harter Stimme; »ihr sollt mich nicht vertreiben!«
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Weiter:[http://www.schimmelreiter.com/id15_seid_ihr_auch_hier_bei_uns__.htm Schimmelreiter]
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== Links ==
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*[http://de.wikipedia.org/wiki/Friedhof_der_Namenlosen Friedhof der Namenlosen] bei '''Wikipedia'''
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*[http://www.janmaat.de/seenot01.htm Schiffsunglücke] bei Jan Maat
  
  
 
[[Kategorie:Friedhof]]
 
[[Kategorie:Friedhof]]

Version vom 23. Dezember 2008, 11:53 Uhr

Friedhof der Namenlosen 2006

Der Friedhof der Namenlosen ist ein Friedhof auf Neuwerk.


Am 22. Juni 1319 wurde durch den Bischof von Megara, Weihbischof der Erzdiözese Bremen, auf der Insel Neuwerk der Friedhof für Namelose eingeweiht. Auf diesem Friedhof wurden die namenlosen, im Watt angetrieben Leichen bestattet. Neuwerker Bürger werden und wurden immer auf dem Festland bestattet. Im Juni 1909 wurde eine Felsengruppe und eine privat finanzierte Bronzetafel mit Versen von Gustav Falke aufgestellt.

Friedhof der Namenlosen

Viele Jahre wurden angeschwemmte Wasserleichen aus der Elbmündung auf Trischen bestattet. Einige der dort beerdigten Leichen wurden vom Fischer Emil Karstens aus dem Kaiser-Wilhelm-Koog im Fanggeschirr seines Kutters "Annemarie II" aus der Elbmündung gefischt. Karstens war der Fischer, der wie niemand anders die Strömungsverhältnisse vor der Dithmarscher Küste kannte. Er erhielt für seine Bergungen das Bundesverdienstkreuz. Nachdem der Friedhof der Namenlosen auf der Insel Trischen aufgegeben wurde, hat man alle "namenlosen" Wasserleichen zunächst auf Neuwerk bestattet und später dann auf dem Festland.

Auch auf der Insel Amrum befindet sich ein solcher Friedhof der Namenlosen. Dort heißt er "Heimatlosenfriedhof". Auf diesem wurden nicht identifizierbare Wasserleichen bestattet. Die meisten Gräber stammen vom Beginn des 20. Jahrhunderts, das letzte aus dem Jahr 1969. Heute können fast alle gefundenen Ertrunkenen aufgrund besserer Techniken identifiziert werden. Jedes Grab auf diesen Notfriedhöfen ist mit einem schlichten Holzkreuz ohne Namen mit eingeschnitztem Funddatum versehen.

Wasserleichen

Als der Schiffsverkehr auf der Nordsee noch überwiegend von Großseglern und den ersten Dampfschiffen bewältigt wurde, gab es an den Nordseeküsten sehr viele Havarien. Im Sturm, bei ungünstigen Strömungsverhältnissen war die Küste oft näher, als den Schiffen gut tat. Das Rettungswesen wie wir es heute von der DGzRS kennen, war noch nicht organisiert und das Interesse an Bergungslöhnen groß.

Wasserleichen in der Literatur

Die Brandungsmarken waren oft auch Fundstätten von Wasserleichen. Diese beschrieb Theodor Storm in seinem Schimmelreiter sehr eindringlich. Seiner Ansicht nach wurde dadurch haidnisches Gedankengut genährt. Eigensinnige religiöse Auslegungen mögen also auch seinen jungen Hauke Haien geprägt haben.


Textpassage: Im Februar bei dauerndem Frostwetter wurden angetriebene Leichen aufgefunden; draußen am offenen Haff auf den gefrorenen Watten hatten sie gelegen. Ein junges Weib, die dabeigewesen war, als man sie in das Dorf geholt hatte, stand redselig vor dem alten Haien. »Glaubt nicht, daß sie wie Menschen aussahen«, rief sie; »nein, wie die Seeteufel! So große Köpfe«, und hielt die ausgespreizten Hände von weitem gegeneinander, »gnidderschwarz und blank, wie frischgebacken Brot! Und die Krabben hatten sie angeknabbert; und die Kinder schrien laut, als sie sie sahen!« Dem alten Haien war so was just nichts Neues. »Sie haben wohl seit November schon in See getrieben!« sagte er gleichmütig. Hauke stand schweigend daneben; aber sobald er konnte, schlich er sich auf den Deich hinaus; es war nicht zu sagen, wollte er noch nach weiteren Toten suchen, oder zog ihn nur das Grauen, das noch auf den jetzt verlassenen Stellen brüten mußte. Er lief weiter und weiter, bis er einsam in der Öde stand, wo nur die Winde über den Deich wehten, wo nichts war als die klagenden Stimmen der großen Vögel, die rasch vorüberschossen; zu seiner Linken die leere weite Marsch, zur andern Seite der unabsehbare Strand mit seiner jetzt vom Eise schimmernden Fläche der Watten; es war, als liege die ganze Welt in weißem Tod. Hauke blieb oben auf dem Deiche stehen, und seine scharfen Augen schweiften weit umher; aber von Toten war nichts mehr zu sehen; nur wo die unsichtbaren Wattströme sich darunter drängten, hob und senkte die Eisfläche sich in stromartigen Linien.

›Was wollen die? Sind es die Geister der Ertrunkenen?‹ dachte Hauke. »Hoiho!« schrie er laut in die Nacht hinaus; aber die draußen kehrten sich nicht an seinen Schrei, sondern trieben ihr wunderliches Wesen fort. Da kamen ihm die furchtbaren norwegischen Seegespenster in den Sinn, von denen ein alter Kapitän ihm einst erzählt hatte, die statt des Angesichts einen stumpfen Pull von Seegras auf dem Nacken tragen; aber er lief nicht fort, sondern bohrte die Hacken seiner Stiefel fest in den Klei des Deiches und sah starr dem possenhaften Unwesen zu, das in der einfallenden Dämmerung vor seinen Augen fortspielte. »Seid ihr auch hier bei uns?« sprach er mit harter Stimme; »ihr sollt mich nicht vertreiben!« 

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